Das Dampfboot welches hier zu sehen ist, entstand in einem niederländischen Bootsbaubetrieb und wird vollständig durch Dampf betrieben. Das Boot namens «Tivano» wurde schon mehrmals auf dem Rhein eingesetzt.
Die Geschichte begann 1985, als mein Vater mit dem Boot «Hermann» am Oldtimertreffen in Bodman das «blaue Band» vom Bodensee gewann. Umgehend habe ich mit der Planung einer neuen Dampfmaschine begonnen. Wir haben unzählige Bücher über kleine und grosse Maschinen, Kessel, Vorwärmer und Kondensatoren miteinander verglichen. Dauernd wurde bei Fahrten mit dem Hermann mit meinem Vater eine Diskussion über Verbesserungen geführt.
1986 waren die Gussmodelle für die neue Maschine fertig, sodass die Grundplatte, der Ständer und Zylinderblock gegossen werden konnten. Zwei Jahre später lief die Maschine mit Druckluft, danach folgte eine längere Pause.
Ein Holzbau in Stabbauweise (ähnlich DS Münchhausen) wurde in Auftrag gegeben, doch als das wunderbare Boot bei uns ankam, war sofort klar, dass der Unterhalt neben unserer Geschäftstätigkeit nicht möglich war. Das Boot wurde verkauft und der neue Eigentümer hat das Projekt unter dem Namen «Hirsch» fertiggestellt. Leider wurde das Boot durch Vandalen in Brand gesetzt und total zerstört.
Nach der Wende fand ich in der ehemaligen DDR ein Stahlboot 10 x 2m. Bei genauerem Untersuchen der Schale, war mir der Aufwand für die Restauration jedoch zu gross, sodass ich auch dieses Boot verkaufte.
Ein befreundeter Schiffsantiquitätenhändler kam eines Tages bei uns zu Besuch und hatte einen wunderschönen Plan dabei: Escher Wyss 1904, Projekt Tivano.
Der Plan wurde umgezeichnet, ein Schiffbauingenieur hat alles nachgerechnet und eine Blechumformmaschine wurde gekauft. An einer Messe konnte ich ein Modell eines Seekadetten (das etwas grössere Schwesterschiff des Tivano) erwerben. Einem holländischen Kunden und Freund habe ich voller Begeisterung meine neue Errungenschaft gezeigt und ihm erklärt, dass ich dieses Modell als Vorlage für mein Dampfboot benutze. Er überzeugte mich, dass ich die Schale nicht selbst bauen muss, «dafür gibt es Spezialisten!». Er stellte somit den Kontakt zu einer Werft in Holland her und nach kurzer Zeit wurden wir uns handelseinig. Anfangs wollte ich nur das Kasko bestellen, jedoch wurde ich bei den Besuchen vor Ort von der hervorragenden Qualitätsarbeit überzeugt. Das Boot wurde also komplett von der Werft gebaut, da ich sowieso genügend Arbeit mit dem Antrieb hatte.
Die Zweizylindermaschine musste noch vollständig zerlegt und lackiert werden. Ein Maschinen- und Kesselrahmen wird hergestellt, damit der ganze Antrieb inklusiv alle Leitungen als Einheit fertig montiert werden kann.
Dreissig Jahre nach der Auslieferung der Gussteile läuft die Dampfmaschine erstmals mit Dampf!
Ein Wasserrohrkessel sorgt für ausreichend Dampf. Befeuert wird dieser mit Holzbriketts. Nach dem ersten Betriebsjahr musste der Zug (Luftzufuhr) verbessert werden.
Ein Elektrobläser wurde in den Kamin eingebaut. Mit einer 12 V DC Steuerung kann der Motor stufenlos geregelt werden, was das rauchfreie Anheizen sehr erleichtert.
Der Überhitzer trocknet den Dampf und erhitzt ihn 30-40 °C über Sattdampftemperatur.
Die Speisung erfolgt mit einer Kolbenpumpe die von der Dampfmaschine angetrieben wird. Eine baugleiche Pumpe ist an einem Getriebemotor angeflanscht und ist eine praktische Möglichkeit bei einem Maschinenstop die Dampfproduktion zu kontrollieren. Mit der E-Pumpe ist es möglich einen normalen Fahrbetrieb aufrecht zu erhalten.
Die Speiseleitung führt durch den Kondensator und wärmt das Wasser vor dem Einspeisen. Der innenliegende Kondensor wird von einer Flügelzellenpumpe mit Seewasser gekühlt. Das Kondensat saugt eine Vakuumpumpe ab und leitet es in den Wassertank (Ölabscheider)
Das Wasserniveau im Kessel wird mit einem Hand- und Schwimmerventil reguliert. Der automatische Bypass mit Schwimmerventil funktioniert einwandfrei, so dass der Handbypass dieses Jahr nicht zum Einsatz kam!
Die Zweizylinder Verbunddampfmaschine ist mit Kolbenschieber ausgestattet. Die Kurbelwelle ist mit Kugellager ausgerüstet. Nur die Kreuzkopfführung ist mit einer offenen Ölschmierung bestückt, die restlichen Lagerstellen werden nur einmal am Tag geschmiert. An der Stephanson-Steuerung ist ein Anfahrdampfventil angebaut, das bei voller Auslegung der Steuerung automatisch Dampf zum Niederdruckzylinder leitet. So ist gewährleistet, dass die Maschine beim Manövrieren zuverlässig startet. Die Dampfmaschine ist zur Wellenanlage mit dem Verhältnis: 1:1,25 übersetzt, was eine schöne Reisegeschwindigkeit bei 250 bis 280 U/min ermöglicht.
Das Bordnetz wird von einem Alternator gespeist, zusätzlich ist eine mobile Solarzelle dabei, die diesen Sommer aber nie zum Einsatz kam. Eine grosse Batterie liefert Strom für die Beleuchtung, die Druckwasser- und Absaugpumpe des Spülbeckens, den Bugstrahler, die elektrische Speisewasserpumpe und den Elektrobläser.
Die erste grosse Fahrt führte uns selbstverständlich nach Bodman. Norbert hat mich auf dieser schönen Reise begleitet. In Bodman angekommen, durfte ich mein Boot am Hafenplatz von Hans Götz festmachen. Elfriede hat mir am nächsten Morgen, vor der Rückreise ein leckeres Frühstück zubereitet.